Kopfbereich

Direkt zum Inhalt Direkt zur Navigation

Inhalt

Vollmond in den Sandduenen PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Lutzi   
Montag, 05. Oktober 2009 um 10:51

Chinas wilder Westen

Seit den Unruhen in Xinjiang, der westlichsten Provinz Chinas, sind wohl die Sicherheitskontrollen deutlich erhöht worden und unsere Taschen werden an der chinesischen Grenze ausgiebig und genau durchsucht. Ok – das muss man wohl über sich ergehen lassen. Aber schlagartig ist alles anders: Wir sind diesmal komplette Analphabeten und ich bin froh, das Gehabe der Chinesen ein wenig einordnen zu können. Das Dorf an der Grenze ist mit einem Wort fürchterlich, aber wir können wenigstens ein wenig Geld wechseln, essen unseres ersten Laghmen, die typischen Nudeln in diesem Gebiet und ignorieren möglichst den Dreck und Gestank, die vielen Trucks  Die kommenden gut 2 Tage radeln wir durch schöne Sandsteincanyons nach Kashgar. Leider hatten wir recht bedecktes Wetter, sodass wir manchmal die Schönheit erahnen konnten. Kurz vor Kashgar landen wir gar auf dem 6-spurigen Highway und radeln flott in die ersehnte Stadt ein. Wir sind gespannt wie sich die Stadt in den letzten Jahren verändert hat und sind doch ein wenig enttäuscht.

Noch mehr Gebäude der Altstadt, mussten den Baggern weichen, und statt dessen entstehen etliche neue Häuser im uiyghurischen Stil, allerorten trifft man auf patroullierendes Militär, sei es auf Trucks oder in den Straßen, viele Fahrzeugkontrollen, bei denen man den Pass zeigen muss, keine Eselsdroschken mehr im Zentrum der Stadt, und kaum Touristen, sodass so manches Geschäft arg zu knabbern hat.  

Trotzdem sauge ich diese Vielfalt und das wilde Durcheinander der Kulturen regelrecht auf und wir füllen unsere leeren Energiedepots zur Genüge auf. Am besten sind die Leber-Kebabs, das typische Brot, die Laghmen und das Eis aus Kamelmilch. Wir schlendern über den Bazar, der auch ohne Sonntagsmarkt einen Besuch wert ist, sitzen mit Einheimischen zusammen, hocken allabendlich auf dem Platz vor der berühmten Id Kaha-Moschee und schauen dem Treiben zu.

Die Feier für den Nationalfeiertag am 1. Oktober wurde schon vorgezogen und war eine imposante Demonstration von Disziplin und lässt sich in Worten nur schwerlich wiedergeben.

Da der Herbst und die kalten Tage in großen Schritten naht, enschlossen wir uns, die Nordroute der Taklamakhan-Wüste mit dem Zug zurückzulegen. Mit einiger Hilfe können wir Tickets für den Schlafwagen kaufen und problemlos die Räder mit einchecken. Eine kurze Stippvisite legen wir in dem Oasenstädtchen Turfan ein, bevor wir bis nach Dunhuang weiterfuhren. Hier war einstiger Knotenpunkt der nördlichen und südlichen Seidenstraße. Außerdem ist es berühmt für die wirklich imposanten und interessanten Mogao-Grotten, welche wir mit unzähligen anderen Chinesen ansehen. Denn zurzeit haben alle Chinesen ihren Herbsturlaub von rund 10 Tagen. Das Getümmel steigert sich gar noch, als wir an den stadtnahen Sanddünen sind. Diese sind mittlerweile zu einem riesigen Abenteuerspielplatz mutiert mit etlichen hundert Kamelen, auf denen mit orangeleuchtenden Ueberschuhen und kamerabewaffnet die Chinesen sich die Sandduenen hochschaukeln lassen. Oben dann Rutschbahnen - und wir mitten drin mit Rucksack, Schlafsack und Bierchen gewappnet fuer die Vollmondnacht in der Wueste. Gut, dass nach Sonnenuntergang schnell Ruhe einkehrt und wir einen herrlichen Schlafplatz inmitten der Dünen im Vollmondlicht finden, derweil die Chinesen ihr Mid-Autumn-Festival begehen.

 

Mittlerweile sind wir in Jianyuguan angekommen, wo die Grosse Mauer im Westen endet. Eine ruhige typisch chinesische Stadt, in der sich noch etliche umdrehen und staunen, da sie wohl noch nie oder nur selten einen westlichen Auslaender zu Gesicht bekommen haben. Lustig.

 

So in den kommenden Tagen werden wir wieder fleissig in die Pedale treten und ueber die Qilianberge gen Sueden strampeln und uns so langsam in das Gebiet der Qinghai-Tibeter bewegen.

Aktualisiert ( Freitag, 16. Oktober 2009 um 03:31 )